Herrmann: Innenministerinnen und -minister der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein fordern umfassende Zurückweisungen an den deutschen Grenzen
München, 13.09.2024Bayerns Innenminister Joachim Herrmann: Innenministerinnen und -minister der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein fordern umfassende Zurückweisungen an den deutschen Grenzen - Vorschlag des Bundes für beschleunigte Dublin-Verfahren an den Grenzen ungeeignet
Die Innenministerinnen und -minister der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein haben in einer gemeinsamen Erklärung konsequente Zurückweisungen auch von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen gefordert, um die illegale Migration nach Deutschland wirksam zu begrenzen. Das hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann als Sprecher der von CDU und CSU geführten Innenministerien (B-IMK) mitgeteilt. Die Erklärung der B-Innenministerkonferenz hat folgenden Wortlaut:
„Umfassende Zurückweisungen an den deutschen Grenzen jetzt erforderlich!
Die Innenministerinnen und -minister der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein sind sich einig: Wir brauchen jetzt vor allem konsequente Zurückweisungen auch von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen, um die illegale Migration nach Deutschland wirksam zu begrenzen. Der Vorschlag des Bundes für beschleunigte Dublin-Verfahren an den Grenzen ist ungeeignet, um zu einer raschen und spürbaren Reduzierung der Migration zu führen. Deshalb unterstützen die Innenministerinnen und -minister die Entscheidung der Unionsseite, die Gespräche mit der Bundesregierung auf dieser Basis nicht fortzusetzen. Die Vorschläge der Bundesregierung sind nicht ausreichend, solange sie umfassende Zurückweisungen an den Bundesgrenzen ablehnt.
Deutschland befindet sich in einer anhaltenden, schweren Migrationskrise. Bereits zum zweiten Mal innerhalb nur eines Jahrzehnts sieht sich unser Land mit der größten Zahl von Asylbewerbern und Migranten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges konfrontiert. Seit Anfang 2022 sind zusätzlich zu knapp 1,2 Millionen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine mehr als 700.000 Asylbewerber nach Deutschland gekommen. Auch im laufenden Jahr wurden bis Ende August bereits wieder rund 160.000 Asylerstanträge gestellt. Die Folgen sind bundesweit vor Ort in den Kommunen unübersehbar: Deutschlands Aufnahme- und Integrationskapazitäten sind erschöpft. Schulen und Kindergärten, Arztpraxen und Krankenhäuser, öffentlicher Nahverkehr – tagtäglich wird deutlich, dass die Belastungsgrenzen überschritten sind. Die Terrortaten von Mannheim und Solingen, Forderungen auf offener Straße nach Errichtung eines Kalifats, die massive Zunahme von Messerangriffen und antisemitischer, islamistischer Gewalt – all das sind Kampfansagen an unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Innere Sicherheit.
Die Begrenzung der irregulären Migration ist entscheidend für eine echte Asyl- und Sicherheitswende. Dazu bedarf es umfassender Zurückweisungen an den deutschen Grenzen. Solche Zurückweisungen sind möglich und nötig. Wir haben die Möglichkeit, Zurückweisungen national vorzunehmen, wenn die innere Sicherheit und die öffentliche Ordnung gefährdet sind, und diese Möglichkeit müssen wir wahrnehmen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Auch das Grundprinzip des „Dublin-Systems“ würde wiederhergestellt: Der Ersteinreisestaat ist für die Prüfung des Asylgesuchs zuständig.
Das von der Bundesregierung vorgeschlagene beschleunigte Dublin-Verfahren ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Bundesregierung spricht bei ihrem Vorschlag von Zurückweisungen, will aber niemanden zurückweisen. Im Gegenteil: das Verfahren soll nur für Personen gelten, die in EURODAC erfasst sind oder bei denen Anhaltspunkte vorliegen, dass andere Mitgliedstaaten zuständig sind. Und auch diese Personengruppe soll nach Deutschland einreisen dürfen und hier das reguläre Dublin-Verfahren mit Asylantrag, BAMF-Bescheid, ggf. Gerichtsverfahren und Abschiebung durchlaufen – genau wie bisher, nur angeblich schneller. Und der Vorschlag ist auch deshalb unbrauchbar, weil solche Verfahren nur funktionieren, wenn die als zuständig bestimmten Mitgliedstaaten die Betroffenen auch tatsächlich zurücknehmen. An der Rücknahmebereitschaft einer Reihe anderer Mitgliedstaaten mangelt es momentan bekanntlich in erheblichem Maße. Dass sich am Verhalten dieser Mitgliedstaaten in Kürze etwas ändern wird und damit Dublin-Rücküberstellungen durch das vorgeschlagene Verfahren erheblich ausgeweitet werden, ist daher eine Wunschvorstellung und eine Verzerrung der politischen Realitäten. Ferner bestehen auch bezüglich dieses Verfahrens erhebliche europarechtliche Zweifel: Das beabsichtigte Festhalten dieser Personen in Einrichtungen verstößt mutmaßlich gegen die Rückführungsrichtlinie, die Abschiebehaft nur in Ausnahmefällen gestattet.
Unabhängig davon ist die vorgeschlagene Lösung auch nicht praxistauglich. Es ist völlig ungeklärt, wie dieses Verfahren auch innerhalb Deutschlands ablaufen soll. So ist beispielsweise nicht geklärt, wo sich die offensichtlich benötigten Hafteinrichtungen befinden sollen, wer Transport und Unterbringung der Flüchtlinge organisiert und wer die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten betreibt. Es kann aus Ländersicht jedenfalls nicht der Ansatz sein, dass der Bund seine Defizite im Grenzschutz zu Lasten der Länder löst.
Die Innenministerinnen und -minister der Union unterstützen deshalb ausdrücklich die Entscheidung der Unionsseite, die Gespräche mit der Bundesregierung auf der Basis der aktuellen Vorschläge der Bundesregierung nicht fortzusetzen.